Chronik 1984 - 2008

Zwischen Tradition und Moderne

Die Entwicklung des Turnvereins von 1984 bis 2008

Der Turnverein Frauenstein 1884 wird in 2009 bereits 125 Jahre alt. Aber ist er damit schon alt? Alt im Sinne von nicht mehr zeitgemäß oder gar unmodern. Diese Frage könnte man in der heutigen, schnelllebigen Zeit guten Gewissens stellen. Mit zeitgemäß verbindet man gemeinhin modern, den heutigen Maßstäben entsprechend. Man könnte annehmen ein Turnverein im alten Sinne sei heute etwas verstaubt, veraltet und damit nicht mehr aktuell. Dem ist jedoch keineswegs so. Der Zuspruch bei den Angeboten unseres Vereins und die Beteiligung wie auch die Zahl der Mitglieder zeigen doch eindeutig, dass unser Turnverein sehr aktuell ist. Zwar steht ein Turnverein heute im Spannungsfeld zwischen althergebrachten Werten, Traditionen und den Herausforderungen der Neuzeit. Angefangen von der Turnbewegung - gegründet von Turnvater Jahn im Jahre 1807 - verstand man unter Turnen oftmals nur das reine Geräteturnen wie Bodenübungen, Reck, Barren usw. Wenn man einen Turnverein darauf reduzieren würde, wäre fürwahr das Angebot nicht mehr zeitgemäß. Denn es ist sicher richtig, dass diese Sportarten heute nicht mehr von der großen Mehrheit, gerade unter den jungen Leuten bevorzugt werden.

 

Der Wandel in den gesellschaftlichen Veränderungen erfordert, dass ein Turnverein sich den Gegebenheiten anpasst. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Traditionen vorbehaltlos aufgegeben werden müssen, sondern es gilt, dass man sich von nicht mehr zeitgemäßen Dingen verabschiedet und neue Formen und Angebote hinzunimmt, ohne alles aufzugeben, was gerade einen Turnverein groß und stark gemacht hat. Es trifft Tradition auf Moderne und dieses Spannungsverhältnis gilt es auszuhalten und neu zu gewichten. Es genügt heute nicht mehr zu verharren in dem, was sich früher bewährt hatte oder gar gegen bessere Einsicht festzuhalten, an dem was früher gut und erfolgreich war. Der Turnverein ist so eben auch ein Spiegelbild der Gesellschaft, in der von liebgewordenen Traditionen Abschied genommen werden muss, um sich neuen Dingen zu öffnen und damit auf der Höhe der Zeit zu bleiben ohne jedoch gleich kritiklos jeder modischen Strömung nachzulaufen.

 

Der Erfolg der Fitnessstudios zeigt, dass eine Nachfrage nach entsprechenden Angeboten besteht. Dort kann man gegen entsprechendes Entgelt Sport treiben ohne feste Bindung an Zeiten und Gruppen. Das Studio ist insofern ein Dienstleitungsbetrieb, wohin man geht, um bestimmte Dienste in Anspruch zu nehmen und anschließend wieder seiner Wege geht. Dem kann der Turnverein auch heute noch entgegen setzen, dass hier vor Ort ohne lange Anfahrtswege gemeinschaftlich Sport betrieben werden kann zu einem konkurrenzlos günstigen monatlichen Beitrag. Diese Vorteile wissen auch heute viele zu schätzen.

 

Auch nach der Beitragsanpassung im Jahre 2002 zahlt ein Erwachsener beim Turnverein Frauenstein monatlich nur 2,00 € (Kinder und Jugendliche gar nur 1,70 €) und kann damit das gesamte Angebot nutzen. Andererseits hat der Turnverein eben auch Angebote wie Aerobic etc. in sein Programm aufgenommen, um den heutigen Bedürfnissen gerecht zu werden. Tischtennis spielen kann man sehr gut im Turnverein Frauenstein, ein solches Angebot sucht man jedoch im Fitnessstudio vergebens.

 

So gibt es heute ein einvernehmliches Nebeneinander von Fitnessstudios und Turnverein, wobei jeder den Schwerpunkt anders setzt. Jeder hat heute seine Berechtigung; das Studio wie auch der Turnverein, wenn er heute auch eher darum kämpfen muss als in früheren Zeiten, in denen er eher konkurrenzlos war. Aber wie heißt es so schön: Konkurrenz belebt das Geschäft. Dies bedeutet natürlich auch, dass man als Turnverein heute nicht tatenlos da stehen und warten kann bis die Turner kommen oder auch nicht, sondern aktiv sich an die geänderten Bedingungen anpassen muss und das Angebot auffrischen und modernisieren muss, um nicht hinter der Zeit zu bleiben. 


Die Mitgliederentwicklung im Turnverein in den letzten 25 Jahren bestätigt denn auch eindrucksvoll, dass der Turnverein sich nicht verstecken muss. Von dem bereits hohen Stand von 627 Mitgliedern in 1984 stieg die Zahl bis auf einen Höchststand von 880 Mitgliedern im Jahr 2001, was so nicht zu erwarten war. Seit dem ist die Anzahl leicht rückläufig, stagniert jedoch auf dem guten Niveau von etwa 765 Mitgliedern.

 

Zu den speziellen Angeboten des Turnvereins gehört nach wie vor gleichrangig das „Mutter und Kind Turnen" neben dem „Rückentraining" oder der „Seniorengymnastik" oder auch dem Tanzkreis, dem Tischtennis für die Wettkämpfer wie auch die Hobbyspieler. Aber eben auch und immer noch das Turnen für die Kinder und neuerdings erfreulicherweise wieder die Leichtathletik. Dieses Angebot für die jungen Mitglieder wird gut angenommen.

 

So bietet der Turnverein Frauenstein für jede Altersgruppe etwas. Hierbei steht der Gedanke, dass man gemeinsam Sport treibt im Vordergrund, wobei aber die gemeinsamen Aktivitäten sich nicht im Sport erschöpfen. Jede Gruppe ist eben auch eine Gruppe, was bedeutet, dass der Zusammenhalt über die sportliche Aktivität hinaus geht und man über den gemeinsamen Sport hinaus zusammen etwas unternimmt, sei es ein Grillabend, eine Wochenendreise oder die Weihnachtsfeier.

 

Zu den liebgewordenen Traditionen und gesellschaftlichen Aktivitäten des Turnvereins gehörte lange Jahre die Ausrichtung eines Neujahrsballs wie auch verschiedener Fastnachtsbälle. Hiervon musste sich der Turnverein zu seinem Leidwesen leider verabschieden, denn der Zuspruch ließ doch erheblich nach und stand in keinem Verhältnis mehr zu dem erforderlichen Aufwand.

 

Traditionsgemäß werden in einem Turnverein die langjährigen Mitglieder für ihre Verbundenheit und Treue zum Verein geehrt, wobei dies in einem festlichen Rahmen geschehen sollte, um den zu Ehrenden entsprechend zu würdigen. Früher wurde dies im Rahmen des Neujahrsballs vorgenommen. Seit 2002 haben wir einen Geburtstagsempfang ins Leben gerufen, der jeweils am Wochenende nach dem Gründungstag des Turnvereins -24.02.1884 - stattfindet. Hier wird das vergangene Jahr aus Sicht des Turnvereins Revue passieren gelassen und die Ehrungen im entsprechenden Rahmen vorgenommen.

 

Der Turnverein weiß um die Verdienste der älteren Mitglieder des Vereins und will dies auch entsprechend würdigen.

 

So wird jährlich auch ein besonderer Tag für unsere Senioren angeboten, in dem Gelegenheit zum Austausch von Erfahrungen und ebenso Anekdoten besteht wie auch Unterhaltung angeboten wird. Der regelmäßige, gute Zuspruch unserer älteren Mitlieder bestätigt das Vorhaben eindrucksvoll.

 

 

Seit langen Jahren - schon seit 1974 - ist es nun gute Tradition, dass am dritten Adventswochenende im Turnverein und auch vom Turnverein ein Weihnachtsmärchen aufgeführt wird. Wie die ausverkauften Vorstellungen zeigen, werden die Aufführungen bestens aufgenommen und finden guten Applaus. Hier spielen - unter Anleitung eines Vereinsmitglieds - Kinder für Kinder ein bekanntes Märchen vor - vor märchenhafter Kulisse - und alle haben Spaß daran. Der Nikolaus bringt zudem für jedes Kind ein kleines Präsent mit, was immer wieder gerne mit nach Hause genommen wird.


Edmund Brückmann führte vom Jahre 1979 bis hin zum Jahre 2001 als Vorsitzender den Turnverein und gab ihm damit ein Gesicht und prägte diesen gleichsam. Er war im ganzen Turngau und darüber hinaus bekannt, hat für seinen Turnverein gelebt und sich intensiv dafür eingesetzt. Er ist leider allzu früh verstorben und kann dieses Jubiläum nicht mehr mit uns feiern.

 

In 2001 hat Hans-Jürgen Wagner, der bereits lange, lange Jahre als Schatzmeister den Verein durch die Fährnisse des Anbaus und der Zeiten begleitete, den Vorsitz des Vereins übernommen, wobei es ihm immer wieder gelingt, neue Leute für die Arbeit im Vorstand zu begeistern, was in heutiger Zeit keineswegs selbstverständlich ist .

 

Es ist eben in heutiger Zeit leider nicht mehr selbstverständlich sich in einem Verein zu engagieren, wobei andererseits eben auch gesehen werden muss, dass das Engagement einen selbst bereichert und dem Wohl des Vereins wie auch dem Gemeinwesen zugute kommt.

 

Das Pfund mit dem der Turnverein Frauenstein wuchern kann, ist die vereinseigene Turnhalle mit ihren Nebenräumen. Dies bedeutet eben, dass der Turnverein selbst darüber entscheiden kann und muss, wer wann die Halle nutzen kann und dass die Halle wie auch die Nebenräume jederzeit - so weit möglich - den eigenen Mitgliedern zur sportlichen Betätigung zur Verfügung steht. Dies beinhaltet auf der anderen Seite aber auch ebenso die Verantwortung, mit dem Vereinsvermögen so sorgfältig wie mit dem eigenen Hab und Gut umzugehen und es so instand zu halten, dass es modernen Ansprüchen genügt. Dieser Verantwortung stellt sich der Vorstand des Vereins bisher hinreichend und dem ist er auch zu aller Zufriedenheit nachgekommen.

 


Der Turnverein Frauenstein ist eindeutig auf den Breitensport ausgerichtet. Es zählt nicht Leistung um jeden Preis, sondern der Spaß bei der Sache muss sein, wobei aber auch der Ehrgeiz sich weiter zu entwickeln und Erfolge zu erringen nicht hinten an steht. Ganz im Gegenteil: Erfolg gehört zum sportlichen Wettkampf auf jeder Ebene mit dazu und dazu gehört natürlich auch der Ehrgeiz des Einzelnen, sich mit andern im fairen Wettkampf zu messen. Insbesondere die Tischtennis-Mannschaften spielen regelmäßig in den Meisterschaftsrunden mit und erringen dabei kleinere und durchaus größere Erfolge. Im Übrigen ist gegenüber früheren Zeiten die Beteiligung an Gauturnfesten oder vergleichbaren Wettkämpfen nur noch in eher geringem Umfang gegeben. Wenn man jedoch im sportlichen Wettkampf gelernt hat, fair miteinander umzugehen und die Grundsätze der Fairness verinnerlicht, dann hat man auch gelernt, diese im täglichen Leben bei jeder Form der Auseinandersetzung zu beachten, was der Entwicklung des Einzelnen privat wie beruflich nur förderlich sein kann.

 

 

So schaut der Turnverein heute durchaus optimistisch in die Zukunft, denn das Angebot des Vereins ist durchaus zeitgemäß, was durch den Zuspruch der Mitglieder eindrucksvoll bestätigt wird.