Will man etwas über den Turnverein Frauenstein erzählen, so muss man zunächst die Geschichte des Ortes betrachten. Frauenstein gibt es schon länger als 775 Jahre, den Turnverein „erst" seit 125 Jahren, dennoch gehören beide Geschichten zusammen, denn es waren Angehörige alteingesessener Familien, die den Turnverein gründeten. Vielleicht waren unter den Gründungsmitgliedern Männer, deren Vorfahren schon unter den „Vrowensteiner" Rittern ihre Felder bestellten.
Vor 778 Jahren, also 1231, wurde der Name „Vrowenstein" zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt. Dieses Datum wird heute als Gründungsdatum geführt, aber es ist wahrscheinlich, dass der Ort oder, besser gesagt, die Burg und die umliegenden Häuser schon früher existierten.
Das Marschallamt als Lehen von Mainz hatte das Rittergeschlecht der „Vrowensteiner" inne; es vererbte sich jeweils auf den erstgeborenen Sohn. Die nach ihm benannte Burg diente hauptsächlich zur Abwehr der östlichen Nachbarn, der Grafen von Nassau. Die „Vrowensteiner", die wohl nie die Burg bewohnten, verarmten in den nächsten Jahren ziemlich schnell.
Eine selbständige Gemeinde mit eigener Gemarkung wurde Frauenstein erst um 1300, als die Burg und die dazugehörigen Besitztümer, die ursprünglich zur Gemarkung Schierstein und damit den Grafen von Nassau gehörten, an das Erzstift Mainz verkauft wurden.
Ein eigenes Ortsgericht erhielt Frauenstein gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Das noch erhaltene älteste Gerichtsbuch der Gemeinde beginnt im Jahre 1413. Gericht wurde immer unter der noch heute zu bewundernden Linde abgehalten.
Die Tätigkeit des Gerichtes bestand jedoch nur in der freiwilligen Gerichtsbarkeit; sie umfasste vor allem Eheverträge, aber auch Kaufbeurkundungen, Beglaubigungen von Vermächtnissen, sowohl Streitigkeiten um Durchgangswege als auch Streitigkeiten um Leitern und ein „Paar Buxen". Die anderen Gerichtssachen (z.B. Verbrechen) unterstanden dem Eltviller Oberhof.
Das erste große Unglück, das über den Ort hereinbrach, war ein verheerendes Feuer, das 1571 den halben Ort, von der Kirche an bis zur Rheingauer Pforte, in Schutt und Asche legte.
In den nächsten Jahren geriet Frauenstein immer wieder unter Fremdherrschaft, wurde von durchziehenden Truppen geplündert, die dann auch noch die Pest und den Thyphus mitbrachten. Erst nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648) war ein Aufatmen möglich. Dennoch muss Frauenstein diese Wirren recht glimpflich überstanden haben, da es bei einer Zählung im Jahre 1652 noch 34 Bürger (ohne die Hofleute und Tagelöhner) gab. Dies entspricht etwa auch der Anzahl der Frauensteiner Bürger vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges.
In den folgenden Jahren wuchs Frauenstein stetig, sodass bei einer Feststellung der zu entrichtenden Abgabe im Jahre 1699 rund fünfzig bürgerliche Hausbesitzer mit zusammen 61 Häusern und acht Hofleuten oder Beisassen ohne Haus, mit 181 Morgen Weinbergen, 212 Morgen Ackerland und 32 Morgen Wiesen gezählt wurden. Zu den wohlhabenden Bürgern dieser Zeit gehörten der Schöffe Christian Hermann Stockheimer (9 1/4 Morgen Wingert, 20 Morgen Ackerland, 2 Häuser), der Oberschultheiß J. Ph. Rheinberger (6 1/2 Morgen Wingert, 16 Morgen Ackerland, 2 Häuser) und der Unterschultheiß Heinrich Ott (mit etwa dem gleichen Besitz wie J. Ph. Rheinberger).
Nicht nur Wein wurde damals in Frauenstein gekeltert, auch Bier wurde vom Löwenwirt Joh. Jak. Streith selbst gebraut.
Dass man in Frauenstein auch einmal Kupfer gefunden hatte und es fördern wollte, geht aus dem Urkundenmaterial des Jahres 1706 hervor. Es scheint aber nur eine geringe Menge Erz gefördert worden zu sein, da es keine weiteren Erwähnungen darüber gibt und auch heute keine Hinweise mehr auf ein Bergwerk vorhanden sind.
Die genauen Grenzen der Gemarkung Frauenstein wurden bei einer Grenzberichtigung im Jahre 1723 festgelegt. Rund fünfzig Grenzsteine, auf denen auf der einen Seite das Mainzer Rad und auf der anderen der Nassauer Löwe abgebildet waren, zeigten den Verlauf der Gemarkungsgrenze an.
Um einmal die finanziellen Verhältnisse Frauensteins Mitte des 18. Jahrhunderts aufzuzeigen, haben wir hier eine Gemeinderechnung aus dem Jahre 1731 aufgestellt:
Einnahmen | Gulden |
Einnahmen und Überschuss aus dem Vorjahre |
380,00 |
Grund- und Gebäudesteuer |
939,24 |
Herrschaftliche Abgabe |
18,02 |
Gewerbesteuer der fünf Handwerker |
5,00 |
Einnahmen aus dem Schröderamt |
11,50 |
Von den beiden jüdischen Einwohnern zu entrichtender Betrag als Befreiung vom Wachdienst |
6,00 |
Einnahmen Frauensteins gesamt |
1359,76 |
Ausgaben | Gulden |
Ausgaben an die Landschreiberei Eltville | 561,00 |
Kappengeld, auch an Eltville |
17,00 |
Martinszins | 10,57 |
Für das Recht, aus dem Nassauer Wald Holz zu holen | 5,00 |
Waldschutzgeld an den Nassauer Jäger | 6,00 |
Lohn für den Schulmeister | 45,00 |
Lohn für Ortsgerichtschreiber | 5,00 |
Für zwei Gerichtsgänge | 2,43 |
Landarzt, für freie Behandlung | 2,50 |
Unterhaltung des Bullen und Ebers | 16,50 |
2 Malter Haferzulage für die Bullen | 2,50 |
Lohn für den Hirten | 1,00 |
Papier und Tinte | 3,16 |
Stempelpapier | 0,30 |
Botenlohn | 1,50 |
Schlichtung eines Streites durch den Wiesbadener Amtsverweser | 7,50 |
Für Gänge der Gerichtspersonen | 5,45 |
Lohn für Steuereintreiber | 1,00 |
Allgemeine Gerichtskosten | 6,00 |
Vergütung von Nachlasssteuern | 3,50 |
Unterhaltung der "gemeinen Bauten" | 23,08 |
Neue Flinte für die Miliz | 2,20 |
Pulver und Blei | 0,30 |
Musterungskosten | 0,30 |
Lohn für die drei Chorsänger | 6,00 |
Kosten des Fronleichnamtages | 5,00 |
Beträge an Arme und Passanten | 2,34 |
Binden des Eichzubers und des Gemeinde-Legel | 1,78 |
(Fass mit ovalem Boden zur Beförderung auf Lasttieren) | |
Zinsen für die Gemeindeschulden | 31,88 |
Ausgaben der Gemeinde gesamt | 776,33 |